Im Freien und auf Abstand: Dies ist in Zeiten von Corona die sicherste Art des Chorsingens. Praktiziert wird sie allerdings vergleichsweise wenig – und dafür gibt es gute Gründe. Der naheliegendste Grund: Singen im Freien klingt nicht gut. Lieber verabreden Chöre sich deshalb zu “Zoom-Proben” – oder verstummen gleich ganz.
Wir haben einige Ideen entwickelt, wie sich dem Singen im Freien neue Anstöße und Qualitäten abgewinnen lassen (Juli/August 2020).
(nmz – neue musikzeitung) Legt man die ästhetischen Standards unserer mitteleuropäischen Chor- und Konzertkultur zugrunde, dann führt ein Singen im Freien und auf Abstand schnell zu Enttäuschungen. Der Gesang wird durch verschiedene Faktoren beeinträchtigt und bleibt hinter der gewohnten Qualität zurück. Anders ist es, wenn man die Pandemie als eine Ausnahmesituation versteht, durch die sich neue Spielräume und Experimentierfelder eröffnen. In diesem Fall können Chöre sogar von der ungewohnte Situation profitieren und sie für musikalische Horizonterweiterungen nutzen.
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Die vier Chor-Etüden „Im Freien“ sollen draußen gesungen werden. Sie entstanden im Sommer 2020 während der Corona-Pandemie, als das Singen im Freien und auf Abstand die epidemiologisch unbedenklichste Form des Chorgesangs war.
Eine gesungene Einladung zum spontanen Reagieren und Improvisieren.
Text:
Ich setz was in die Welt
und weiß nicht, was draus wird.
So ist das mit Ideen
und Kindern
und Gerüchten
und Hefeteig.
Und manchmal auch mit Liedern.
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Ein Lied im Gehen. Wer hier nicht irgendwann scheitert oder aus dem Tritt gerät, hat etwas falsch gemacht.
Text:
Ne Runde raus und singen dabei,
das pustet dir den Kopf schön durch,
aber was, wenn Gleichschritt nicht dein Ding ist?
Und du laufen willst, so schnell es dir passt?
Leute – es hat sich ausmarschiert!
>> Erläuterungen für den oder die Chorleiter/in
Ein Gesang für draußen und auf Abstand, der mit Nähe und Ferne spielt.
Text:
Ist Ferne auch geboten, so sind wir uns doch nah.
Vielleicht ist unsre Nähe gar
noch größer, als sie es einst war,
als Ferne,
als Ferne
noch nicht notwendig war.
>> Erläuterungen für den oder die Chorleiter/in
Eine gesungene Meditation und eine Übung in Sich-Einhören.
Text:
Was hier wohl war vor vielen tausend Jahren?
Wo wir jetzt stehn, genau an diesem Ort?
Was wird noch sein, wenn unsre Enkel alt sind?
Und wieviel Leben ist dann fort?
Das Himmelszelt ist löchrig und verschlissen
Die Nachtigall längst eine Rarität.
Bleibt uns noch Zeit, bei zwei Grad notzulanden?
Oder ist’s dafür schon zu spät?
Um uns herum keimt ständig neues Leben
Wir handeln so, als wäre es uns feind.
Doch unser eig’nes Gastspiel zu verlängern,
gelingt uns nur mit ihm vereint.
Was wird hier sein in vielen tausend Jahren?
Wo wir jetzt stehn, genau an diesem Ort?
Wird irgendwer sich noch an uns erinnern?
Ist unsre Gattung noch an Bord?