Freude. Joy. Joie. Bonn. Bonn hat sich die Freude zum Motto gemacht und will bis 2035 klimaneutral werden. Wir wollen dazu beitragen, dass der Weg dorthin Freude macht. Und wir freuen uns selbst, in einem großartigen Stadtteil zu Gast sein und an einer großartigen Idee mitwirken zu können.
Gemeinsam den Wandel im Viertel gestalten. So lautet das Motto des Klimaviertels Godesberg Nord. Doch in einem kulturell vielstimmigen Stadtteil ist dieses Gemeinschaftsgefühl gar nicht so einfach herzustellen. Bad Godesberg ist voller liebenswerter Menschen, die einander viel zu erzählen hätten und viel voneinander lernen könnten – wenn sie sich nur ein wenig besser kennen würden. Und an dieser Stelle kommt Trimum ins Spiel.
“G hoch vier” – das steht für “Gesichter, Geschichten, Gesänge in Godesberg”. Viele Godesberger:innen sind sich fremd oder kennen sich nur flüchtig. Um sie einander näher zu bringen, sammeln wir seit Oktober 2024 ihre Lebensgeschichten und Lieder.
Einige Beispiele:
Kadry: Ich liebe es, mit den Händen zu arbeiten, und die Kunden sind auch zufrieden. Mein Vater war auch Schneider. Ich habe es von ihm gelernt. Schuster, Schneider, diese Berufe werden gebraucht. Handarbeit ist wichtig. Das Wegschmeißen von Kleidung ist schade. Manchmal gibt es teure Sachen und die brauchen nur repariert zu werden.
Anna: Meine Eltern haben hier in Bad Godesberg eine Pension und wir haben oft internationale Gäste. Wenn in Bonn Klimakonferenz ist, dann sind wir immer ausgebucht. Aber um ehrlich zu sein: ich habe meine Hoffnung in diese Konferenzen verloren. Letztens war ein Klimadelegierter aus Äthiopien in unserer Pension, der hat auch die Hoffnung verloren. Die Herrscher dort sind korrupt und kümmern sich nicht darum. So lange überall die alten Leute an der Macht sind, wird sich nichts verbessern.
Janis: Berlin, Bremen, Dresden, Leipzig, Chemnitz, Köln, Hamburg, Bad Godesberg… Seit zehn Jahren schlafe ich auf der Straße. Ich komme aus Riga. Lettland ist nicht gut. Aber in Deutschland ist es gut. Gute Stadt. Hier frage ich nach bisschen Geld, ja, das ist kein Problem. In meiner Stadt in Lettland: keine Chance. Deutschland, I love you!
Jamila: Ich war mit achtzehn verheiratet und hatte mein erstes Kind. Dann kam der Krieg. Flugzeuge, Bomben. Ich ging weg von Aleppo, ins Dorf, weil dort kein Krieg war. Später sind wir in die Türkei geflohen. Nun leben wir hier in Deutschland. Ich will, dass meine Kinder hier lernen und glücklich sein können. Meine Tochter ist 23. Ihre Zukunft ist hier.
Walter: Am 18. Oktober 1944 war hier der letzte Schultag. Das war, als Bonn bombardiert wurde. Da waren wir in der Schule und mussten in den Bunker gehen. Seitdem hatten wir keine Schule mehr. Bonn war ja praktisch zerstört. Aber mein Vater war in der Partei, dadurch konnte ich auf Kinderlandverschickung. Ich war zwölf Jahre, da hieß es: „Hitlerjungen weinen nicht“. Aber als der Lagerleiter zu Weihnachten eine Rede hielt, da brach er selbst in Tränen aus.
David: Meine Traumberuf: Gute Nachrichten, schlechte Nachrichten. Wetter gucken. Aus dem Fenster gucken. Handy und iPad gucken. Gute Nachricht: Sonne. Schlechte Nachricht: Regen, Nebel, Blitz. Das ist meine Arbeit. Meine Firma. Nachrichten über Sonne und Wolke: „Autos vorsichtig fahren!“. „Blumen und Bäume gießen!“.
Sechs Zitate aus über sechzig biographischen Erzählungen, die wir im Klimaviertel Godesberg gesammelt haben. Aber was ist das überhaupt – ein “Klimaviertel”?
In den Klimavierteln der Stadt Bonn kann man Klimaschutz direkt vor der eigenen Haustür erleben. Im Klimaplan der Stadt Bonn werden die Klimaviertel als „Räume für Innovationen“ beschrieben, in denen die angestrebte Klimaneutralität nicht abstrakt bleibt, sondern konkret „erfahrbar wird“. Dabei sollen gerade auch solche Gruppen eingebunden werden, die sonst häufig unterrepräsentiert sind.
Einander sehen – voneinander erzählen – miteinander singen. Die Idee der Klimaviertel fasziniert uns, weil sie zwei Zielsetzungen miteinander verknüpft: Mehr Klimaschutz und ein besseres nachbarschaftliches Klima. Unser Beitrag zu diesen beiden Zielsetzungen: Wir wollen helfen, die kulturelle Vielfalt des Stadtteils sichtbar zu machen und die Idee des Klimaviertels zum Klingen zu bringen.
Und was hat das mit Klimaschutz zu tun? Wir sind überzeugt: Klimaschutz braucht kulturelle und religiöse Vielstimmigkeit – erst recht in diesem Stadtteil! Bad Godesberg hat in den letzten Jahrzehnten einen tiefgreifenden Wandel erlebt. Die einstige Diplomatenhochburg hat sich zu einem vielstimmigen Stadtbezirk voller Potentiale und Herausforderungen gewandelt. Dabei spielen die Religionen als kulturell prägender, gemeinschaftsstiftender und teilweise auch trennender Faktor eine große Rolle. Die Menschen, die in Bad Godesberg Tür an Tür leben, haben unterschiedliche Erfahrungen, Weltsichten und Wertesysteme. Langfristig wollen wir dabei helfen, diese Perspektivenvielfalt auch für den Klimaschutz fruchtbar zu machen.
Der erste Schritt muss das Aufeinander-Zugehen sein. Einander kennenzulernen, sich zuzuhören und voneinander zu lernen – dies alles sind entscheidende Voraussetzungen für ein Klima des vertrauensvollen Miteinanders. Dazu wollen und können wir unterstützend beitragen.
Unsere Vorgehensweise in Bad Godesberg folgt einem klaren Kompass. Gemeinsam mit der Klima-Allianz Deutschland und zahlreichen weiteren Partnern betreiben wir seit 2019 intensive Grundlagenforschung zum Thema “Kultur und Klimaschutz”. Eines der Ergebnisse dieser Forschung ist die Monographie Musik und Klima
Bad Godesberg und die Idee der Klimaviertel passen hervorragend zu unserer Agenda und unseren Forschungsergebnissen.
Wer mehr über unser Konzept wissen will, findet hier die detaillierten Hintergründe.
Einmal mehr wird die brückenbauende Arbeitsweise von TRIMUM damit zu einem Teil eines größeren Ganzen, an dem viele unterschiedliche Akteur:innen beteiligt sind.
Träger des Klimaviertels Godesberg ist der Verein Kultur verbindet. Die Koordination liegt in den Händen von Michael Wiese. Gegenwärtig entsteht in der Bonner Straße ein Mitmachzentrum, das als Begegnungsort und Anlaufstelle genutzt werden soll. Hier sollen in Zukunft offene Treffen und Veranstaltungen stattfinden. Ebenfalls geplant sind eine Verteilerstation für Foodsharing und Solidarische Landwirtschaft entstehen.
Rund um dieses Mitmachzentrum entsteht gegenwärtig ein Netzwerk aus Klimaviertelunterstützern:
ABK e.V. (Arbeitsgemeinschaft Bildung und Kultur e. V. Bonn und Umgebung)
Aktion Baumwächter
Aktionsbündnis StadtGRÜNerhalten
BUND Bonn
BürgerSolarBerater Gruppe Bad Godesberg
Change Clubs gGmbH
FIBB e.V
Foodsharing e.V.
Generationennetzwerk Bad Godesberg
Haus der Familie
ISC Al Hilal
Makerspace Bonn e.V.
Manaasil Lernwelten gGmbH
Ökozentrum Bonn e.V.
Südarabischer Frauenverein
Wir unter der Godesburg e.V.
Zentrenmanagement Bad Godesberg
Trimum ist seit 2023 in Bonn aktiv. Gemeinsam mit der Plattform Komparative Theologie, dem CTSI (International Center for Comparative Theology and Social Issues der Universität Bonn) und zahlreichen weiteren institutionellen Partnern haben Bernhard König und Orainab »Ermia« Mashayekhi 2023/24 mehrfach zu interkulturellen Feiern und Workshops eingeladen, sich unterstützend in die Aktivitäten verschiedener örtlicher Netzwerke eingebracht, das wöchentliche multireligiöse Gebet im Bonner Münster mitgestaltet und eine Zukunftswerkstatt Kultur und Klimschutz durchgeführt.
Latif Aldabuo (Gesang und Oud)
Nina Breitkopf (Interviews)
Naile Gülgen Tuncer (Gesang)
Bernhard König (Konzept und Leitung)
Julia Machwitz (Interviews)
Anne Pistorius (Flöte und Klassenmusizieren)
Julian Röttgen (Interviews und Dokumentation)
Selin Schumacher (Interviews und Dokumentation)
G hoch vier – Gesichter, Geschichten, Gesänge in Godesberg ist ein Projektauftrag der Bundesstadt Bonn (Stabsstelle Bürgerbeteiligung) mit Unterstützung der Plattform Komparative Theologie und des CTSI der Universität Bonn.