Vier Einladungen zum Dialog
Wie kann mit Musik und Kultur das Klimabewusstsein befördert werden? Kann aus „Verzicht“ und „Verbot“ Verschönerung werden? An welchen Stellen können Kulturinstitutionen auf sinnvolle Weise die eigene Umweltbilanz verbessern? Warum spiegelt sich in den gegenwärtigen Klimaprotesten nicht die kulturelle Vielfalt unseres Landes wider? Und wie klingt „Postwachstumsmusik“?
In vier Open-Space-Werkstätten wurde auf Initiative des Komponisten und Trimum-Gründers Bernhard König nach ersten Antworten auf diese Fragen gesucht – ohne Budget und Auftrag, aber mit spontaner Unterstütung zahlreicher Partner und Institutionen.
17.-19. Januar 2020
Hamburg: Zukunftswerkstatt Musik und Klima
Interkulturelle Herausforderungen
In Zusammenarbeit mit Stadtteilkantorat e.V. und dem Campus Arts and Social Change der Medical School Hamburg
Dokumentation des Deutschlandfunks
7.-9. Februar 2020
Ludwigsburg: Zukunftswerkstatt Musik und Klima.
Herausforderung für die Kulturelle Bildung
In Zusammenarbeit mit den Abteilungen Musik, Kultur- und Medienbildung der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg
14.-16. Februar 2020
Paderborn: Zukunftswerkstatt Musik und Klima.
Ethische und ästhetische Herausforderungen
In Zusammenarbeit mit der Universität Paderborn (Professur für Eventmanagement mit den Schwerpunkten Populäre Musik, Medien und Sport; Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften; Institut für Evangelische Theologie) sowie mit der AG Musik – Szene – Spiel OWL e.V.
14.-15. März 2020
Heek: Zukunftswerkstatt Musik und Klima
Herausforderung für Laienmusik und Musikpädagogik
In Zusammenarbeit mit der Landesmusikakademie NRW und der LAG Musik NRW.
Ausgefallen wegen der Corona-Krise
(Die Untertitel beziehen sich auf einen thematischen Schwerpunkt der jeweiligen gastgebenden Institution und stellen keine inhaltliche Begrenzung dar.)
Die Klimakrise treibt viele Menschen um. Doch welche Rolle spielen Musik und (Inter)kultur bei diesem Thema? Auf den ersten Blick scheint es wenig Berührungspunkte zu geben.
Namhafte Klimaforscher*innen, Sozialpsycholog*innen und Ökonom*innen weisen mit wachsender Dringlichkeit darauf hin, dass wir alle unsere Verhaltensweisen ändern müssen. Ein Zusammenleben von bald zehn Milliarden Menschen innerhalb der ökologischen Grenzen unseres Planeten wird sich nicht alleine durch Gesetze und technologische Innovationen erreichen lassen. Die überlebensnotwendige Transformation unserer Gesellschaft in Richtung „Zukunftsfähigkeit“ ist deshalb auch eine kulturelle Aufgabe von bisher nie dagewesener Dringlichkeit und Größenordnung.
Klimaschutz: Auch eine kulturelle Aufgabe
Dieser Appell richtet sich ausdrücklich auch an uns Kulturschaffende. Viele von uns setzen sich seit Jahren mit viel Elan und Phantasie für einen „gesellschaftlichen Klimawandel“ ein. Wir könnten aktive Bündnispartner in der Klimakommunikation und beim Übergang in eine von Klimaexpert*innen geforderte Postwachstumskultur sein.
Die Potentiale einer aktiven Zusammenarbeit von Klimaaktivist*innen und Musikschaffenden sind noch lange nicht ausgeschöpft. Gute Beispiele gibt es viele: In Großbritannien setzt sich die NGO Julie’s Bicycle seit 2007 für ein klimaschonendes Kulturleben ein. In Indien musizierte der Sänger T.M.Krishna erfolgreich gegen die Zerstörung eines wertvollen Feuchtbiotops an. Im schwedischen Helsingborg haben Konzerthaus und Orchester beschlossen, ab der nächsten Spielzeit auf sämtliche Flugreisen zu verzichten.
Auch hierzulande könnten wir unsere Konzerthäuser und Theater, unsere Gemeinden und Stadtviertel schrittweise in regionale Labore der Zukunftskunst verwandeln. Kultur bewegt Menschen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Immer größere Events, immer internationalere Festivals und Spielpläne lassen immer mehr Menschen immer größere Entfernungen zurücklegen. Wer, wenn nicht wir Kulturschaffenden, könnte die Menschen zu weniger Mobilität bewegen und ihnen mehr Schönheit im Hier und Jetzt ihres unmittelbaren Nahbereichs anbieten?
Die Kunst der Begegnung
Klimaschutz ist nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine interkulturelle Aufgabe. Musik, Religion und Kultur sind seit jeher die Bereiche, in denen sich Gesellschaften ihrer eigenen Werte vergewissern. Doch in unserer globalisierten Welt kippen Identitätssuche und Selbstvergewisserung leicht in Abgrenzung und Feindschaft um – erst recht, wenn uns allen gewaltige und unbequeme Veränderungen bevorstehen.
Auch hier kann die Kultur gegensteuern. In den zurückliegenden Jahren ist hierzulande eine Fülle von wunderbaren Projekten und Initiativen entstanden, die Brücken zwischen den Kulturen, Religionen und Generationen bauen. Es gibt kaum noch eine Kulturinstitution, die sich nicht für Öffnung und Vermittlung stark macht: Eine große und wertvolle Expertise, die wir aktiv in den anstehenden Umbau der Gesellschaft einbringen könnten. Indem wir uns zum Beispiel dazu beitragen, die Klimabündnisse, die es vielerorts bereits gibt, kulturell bunter und vielfältiger zu machen.
Wertekonflikte und Handlungsoptionen
Wir könnten… wir sollten… aber es gibt natürlich auch viele gute Gründe, sich mit allzu großen Veränderungen zurückzuhalten. Darf man Klimaschutz und Völkerverständigung gegeneinander ausspielen? Soll man die Reichweite und Internationalität der eigenen Arbeit für die Reduktion von ein paar Tonnen Treibhausgasen opfern? Den Appell der Wissenschaft ernst zu nehmen, wird auch bedeuten, offen über solche Wertekonflikte zu sprechen. Diese Diskussion hat hierzulande noch gar nicht begonnen.
Um den Appell der Wissenschaft in konkrete kulturelle Handlungsoptionen zu übersetzen, laden wir gemeinsam mit der Klima-Allianz Deutschland, dem Netzwerk Junge Ohren und weiteren Projektpartner*innen zum interdisziplinären Austausch ein. Unsere Einladung richtet sich an…
Jede Zukunftswerkstatt beginnt am Freitag Abend und endet am Sonntag Mittag. (Ausnahme: Der Termin in Heek ist zweitägig). Das Programm richtet sich nach den konkreten Interessen und Themenvorschlägen der Anwesenden und wird am Freitag Abend vor Ort gemeinsam festgelegt. Jede*r kann Ideen und Anliegen einbringen. In wechselnden interdisziplinären Kleingruppen können wir zum Beispiel…
Die Zukunftswerkstätten sind überwiegend „No-Budget-Veranstaltungen“. Die Teilnahme ist kostenlos, für Unterkunft und Verpflegung müssen die Teilnehmenden selber aufkommen.
Anmeldung oder Interessensbekundungen bitte mit Name, Beruf und Ort/Datum des gewünschten Termins an Bernhard König, info(äd)schraege-musik.de. Die Interessent*innen erhalten dann weitere ortsbezogene Detailinformationen.
Einige Denkanstöße zum Thema finden sich in Bernhard Königs Aufsatz Monteverdi und der Klimawandel in der aktuellen Septemberausgabe der nmz (neue musikzeitung). Der Artikel als pdf-Download.
Unsere gastgebenden Projektpartner sind teils als Hochschulen, teils als freie Kulturinstitutionen in den Bereichen Musik, Kulturelle Bildung, Veranstaltungsmanagement, Theologie sowie im interkulturellen und interreligiösen Dialog angesiedelt.
Örtliche Veranstalter und Kooperationspartner (Stand: Oktober 2019):
AG Musik-Szene-Spiel OWL e.V.
Landesarbeitsgemeinschaft Musik NRW
Landesmusikakademie NRW
Medical School Hamburg
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
Universität Paderborn
Stadtteilkantorat Hamburg e.V.
Überregionale Multiplikatoren:
Klima-Allianz Deutschland
Kultur öffnet Welten
Landesverband der Musikschulen NRW
Netzwerk Junge Ohren – Forum für Musikvermittlung in Europa
nmz – neue musikzeitung
Erstes Kölner Staukonzert (1994). Foto: Stefan Worring, KStA
Foto: © Stefan Worring