“Wie klingt, was du glaubst?” haben wir in der ersten Etappe von Trimum viele Stuttgarterinnen und Stuttgarter gefragt. Nicht von Bachkantaten und Psalmrezitationen ist hier die Rede, sondern von „99 Luftballons“ und „We shall overcome“, vom Klang des Meeres und von der Stille an Ramadan. Nicht an „die“ jeweilige Religion richtet sich hier die Frage nach dem Klang des Glaubens, sondern an Stuttgarterinnen und Stuttgarter ganz unterschiedlicher Herkunft. Nicht auf Theologien und Verkündigungstraditionen wird hier der Fokus gerichtet, sondern auf das ureigenste, private und biographische Verhältnis des Einzelnen zu seinem Glauben und seiner Musik.
Die Kölner Fotokünstlerin Jane Dunker ist prädestiniert für einen solchen Blick. Seit Jahren porträtiert sie Menschen vor dem Hintergrund ihrer „Innenwelten und Außenwelten“. Trotz dieser Vorerfahrungen war die Intensität der Begegnungen im aktuellen Projekt kaum vorhersehbar. „Wie klingt, was du glaubst?“: Für viele Interviewpartner und –partnerinnen war das im ersten Moment eine überraschende, sperrige Frage, die dann aber umso mehr zur Selbstreflektion reizte. Ihre beeindruckende Tiefe und Ehrlichkeit bezogen viele Antworten aus jener Mischung von Motiven, die bereits in der Frage angelegt ist: Spiritualität und Ästhetik; kulturelle, biographische und religiöse Selbstverortung.
Da ist die russische Musikstudentin, die erst am Sterbebett ihres Großvaters erfährt, dass sie von zwei Rabbinern abstammt und daraufhin beginnt, eine eigene jüdische Identität zu entwickeln. Da ist die junge Hinduistin, die in Ermangelung einer Mitfahrgelegenheit jahrelang in die Kirche statt in den Tempel geht. Da ist die Mutter, die ihre Tochter zur Koranschule schickt, um – selbst in der Türkei streng säkular aufgewachsen – endlich etwas über den Islam zu lernen. Und da sind unzählige, die sich von ihrer Religion entfernt oder sich ihr neu angenähert haben. Die aus Überzeugung konvertiert sind – oder die sich fremden Einflüssen ausgesetzt haben, ohne deshalb ihrem angestammten Glauben untreu zu werden.
Jene Trennschärfe, die unbedingt gefordert werden muss, wenn es darum geht, die Gesänge, Rezitationen und Gebete der verschiedenen Religionen erklingen zu lassen: In den Interviews dieser Ausstellung wird man sie nur sehr selten finden. Und jene „Polyphonie der Religionen“, über die nachzudenken wir uns auf theologischer und musikästhetischer Ebene zu Recht so schwer tun, ist hier, im realen Konzert moderner, großstädtischer Patchwork-Identitäten, längst hundert- und tausendfach verwirklicht.